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Palenque


 

1890/91 unternahm Maudslay seine letzte Expedition - sie führte ihn nach Palenque und sollte drei Monate dauern.
In Vorbereitung auf diese Expedition fuhr er erst einmal nach Mexico City, wo ihm der englische Minister Sir Spencer St. John dabei behilflich war, von dem mexikanischen Außenminister Mariscal ein Einführungsschreiben für den Gouverneur des Staates Chiapas sowie ein allgemeines, an alle örtlichen Beamten gerichtetes Empfehlungsschreiben zu erhalten.

Blick auf den Tempel der Inschriften und Palacio,
Abbildung aus dem Museum von Palenque Die Ruinen von Palenque waren zu dieser Zeit bereits relativ bekannt. Nachfolgend sei die Forschungsgeschichte von Palenque bis zum Eintreffen Maudslays Ende des 19. Jahrhunderts umrissartig dargestellt.
Zum ersten Mal wurden die Ruinen 1773 untersucht und beschrieben von Don Ramon de Ordoñez y Aguiar, der für den Präsidenten der Audiencia von Guatemala, Don José Estacheria, eine "Memoria relativa a las ruinas de la Ciudad descubierta en las in mediaciones del Pueblo de Palenque" anfertigte.
Don José Estacheria ordnete daraufhin an, daß die Ruinen erneut untersucht würden; dies unternahm 1784 José Antonio Calderon, dessen Untersuchung im Folgejahr von dem Architekten Antonio Bernasconi weitergeführt wurde. Basierend auf Calverons und Bernasconis Berichten fertigte Don Juan Bautista Muñoz, der königliche Historiograph, ein auf 1786 datiertes Memorandum an Don José de Galvez, Marquis de la Sonora an.

1786 machte Antonio del Rio weiter. Sein Report (teilweise allerdings in der Handschrift von Muñoz) wurde 1822 auf Englisch in London veröffentlicht als "Description of the Ruins of an Ancient City, discovered near Palenque", illustriert von 17 Lithographien von Waldeck.

1807 erforschte Captain Guillermo Dupaix, begleitet von dem Zeichner Luciano Castañeda, die Ruinen; ihre Berichte und Zeichnungen waren jedoch wegen Ausbruch der mexikanischen Revolution lange Jahre nicht erhältlich, ehe der Bericht und einige der Zeichnungen schließlich 1831 in Lord Kingsboroughs "Mexican Antiquities" veröffentlicht wurden und 1834 in den "Antiquités mexicaines" (Paris, 1834).

Im April 1832 betrat Frederick de Waldeck Palenque und begann mit Ausgrabungen, die zwei Jahre lang dauern sollten, deren Resultate jedoch nicht vor 1866 publiziert wurden (in den "Monuments Anciens du Mexique").

1840 folgten der Amerikaner John Lloyd Stephens und sein englischer Reisebegleiter und Freund Frederick Catherwood. Die vielgelesenen Reisebeschreibungen Stephens´, die Catherwood mit wunderbaren Illustrationen versah, machten Palenque und die Kultur der alten Maya schlagartig einem weiten Publikum bekannt.

Désiré Charnay, der französische Reisende, dessen Bekanntschaft Maudslay in Yaxchilán (damals: Menché) machte, besuchte Palenque 1858. Vier Fotos, die er dort aufnahm, sind in seinen "Ruines Américaines" (Paris, 1863) veröffentlicht. Den Bericht seines zweiten Besuches von 1881-82 publizierte Charnay in "Les Anciennes Villes du Nouveau Monde" (Paris, 1885).


Der Palacio in restauriertem Zustand, 1998 Palenque befindet sich im mexikanischen Staat Chiapas, am nördlichen Abhang der Ausläufer der Sierra de las Naranjas.
Die Lage der Ruinen beschreibt Maudslay in der Biologia Centrali-Americana folgendermaßen:

"The plateau on which the principal buildings of the Palenque group of ruins stand is not naturally perfectly level, but has a considerable slope downwards towards the north. This gradually sloping ground had been divideed up and terraced into a number of comparatively level plots.
The forest which clothes the sides of the sierra is very dense, and any accurate measurement of the extent of the group of ruins would be a matter of great difficulty. Our clearing did not extend beyond 150 acres, and even our excursions round the borders of the clearing and for some little distance into the forest did not enabale us to form any very accurate judgement..."183

Maudslay im Turm des Palacio, 1891 Maudslay hielt sich von Anfang Februar 1891 bis zum 12. Mai 1891 in Palenque auf.
Nach dem Aufenthalt in Mexico City, wo er Einführungsbrief und Empfehlungsschreiben erhalten hatte, reiste er über Vera Cruz und Progreso nach Laguna.
In Laguna stieß der Engländer Hugh Price als Freiwilliger dazu, um der Expedition beizuwohnen und die Ruinen zu vermessen. Außerdem traf man einen M. Ludovic Chambon, der bis Monte Christo reisen wollte, um von dort aus nach Menché zu gelangen (dieses sei, notiert Maudslay in seinem Tagebuch, inzwischen viel einfacher zu erreichen als 1882).
Die Reise ging über die Laguna del Carmen den Río Usumacinta empor bis nach Monte Cristo. über den Usumacinta schreibt Maudslay:

"The mouths of the Usumacinta are unrivalled in Central America in the size of their alligators and the number and ferocity of their mosquitoes, and at the narrow entrance of the river we stuck fast with a falling tide and passed the first night in torment. Above this narrow passage the river widens out, and, after passing the fork above Palisada (whence half the water flows out into the Gulf by the Frontera mouth), the Usumacinta is a magnificent broad river."184
Weil sie auf eine Sandbank aufliefen und einen Maschinenschaden hatten, verlängerte sich die eigentlich mit 36 Stunden veranschlagte Reise auf drei Tage und zwei Nächte.

In Monte Cristo gab es neue Schwierigkeiten. Palenque liegt weitab vom Flußsystem, über das die Einheimischen alles transportieren. Träger oder Maultiere mit Packsätteln standen nicht zur Verfügung. Man schickte einen Boten nach Santo Domingo de Palenque, dem etwa 6 Meilen von den Ruinen entfernt gelegenen Ort,

"and after waiting a few days three wretched-looking beasts of burden with old rotten pack-saddles made their appearance accompanied by a few Indian carriers. With these were despatched the first installment of the baggage, and we then had to wait patiently for their return. At the end of ten days, by pressing into our service some Tumbalá Indians who had brought the produce of their gardens for sale in Monte Cristo, and were returning to their homes by way of Palenque, and by putting my own three pack-saddles on to the mules we could hire in the village, we were able to make a start for Santo Domingo."185

Querschnitt durch den Kreuztempel, Palenque, Mexiko (Zeichnung von A.P. Maudslay) In Santo Doming de Palenque angekommen, trafen sie erste Vorbereitungen. Die Pfade zu den Ruinen wurden gangbar gemacht, und man ließ die bewohnbarsten Ruinen reinigen. Am 1. Februar 1891 stieß M. Chambon auf dem Rückweg von Menché zu ihnen, und alle begaben sich nun zu den Ruinen und richteten sich dort mehr oder weniger häuslich ein:

"We expected discomfort, and certainly did not escape it; the showers were heavy, and the walls of the buildings were running with water, and only a few square yards could be found in the best-preserved building where the drip from the roof was not continuous. We had to do our own cooking, and only from six to a dozen men came from Palenque to work each day."186

Maudslay und seine Begleiter wohnten im Palacio, Haus C, im östlichen Korridor, "one of the driest chambers in the ruins"187.

Die geringe Zahl an Arbeitskräften waren auch bei dieser Expedition eine ständige Sorge für Maudslay. Es kam zwar der Jefe Político Don Amada Salozorgo aus El Salto vorbei und versprach mehr Arbeiter. Tatsächlich standen aber meist zuwenig Männer zur Verfügung. Maudslay klagt:

"Unfortunately, free voluntary labour is almost an unknown thing in these countries, and without the aid of the local authorities nothing can be done. I had asked for thiry labourers, and these were promised me; but the number which came to work did not at first exceed fifteen, and gradually dwindled to three or four."188

M. Chambon blieb eine Woche. Am 20. Februar trafen Gorgonio und José Domingo López ein, zwei von vier Brüdern aus dem guatemaltekischen Cajabón, die Maudslay "faithful assistants and friends" waren, welche ihn auf alle seine Reisen bis auf eine begleitet hätten.
Gorgonio hatte diesmal auch seinen Sohn Caralimpio mitgebracht, "a bright boy of fifteen, who was a useful addition to the party"189.

Die Ankunft der erfahrenen López-Brüder war für Maudslay umso wichtiger, als es sehr viel zu tun gab.
Den Ost- und Westhof des Palacio beispielsweise fanden sie beinahe bis zur Bodenhöhe der Häuser mit herausgebrochenem, heruntergefallenem Mauerwerk angefüllt vor, bedeckt von verwesenden Baumstämmen und üppiger Vegetation: "We succeeded before leaving in digging out nearly the whole of this mass of débris and throwing it down the outside slope of the foundation mound."190

Eine andere wichtige Aufgabe, der sich Maudslay zusammen mit Price widmete, war die Entfernung der Kalkinkrustinationen auf den Stuck-Masken und anderen stuckierten Oberflächen an den Gebäuden Palenques. Diese Kalkschichten waren manchmal bis zu 15 cm dick. Maudslay und Price gingen mit Schraubenziehern und anderem provisorischem Werkzeug gegen diese Verkrustungen vor, die die Herrscher-Portraits, Inschriften und symbolischen Figuren bedeckten und Maudslay daran hinderten, möglichst originalgetreue Fotografien anzufertigen:

"We had not come especially prepared for this work but luckily we found that some large screwdrivers, with the addition of some wooden mallets and bradawls and some smaller screwdrivers from our gun- and instrument-cases, answered very well as tools for our purpose. In some places the incrustation had formed a coat of lime as much as six inches thick, but when as thick as this it was generally soft and could be separated from the face of the stucco without much difficulty, although the job was a very tetious one. When, however, the coating was thinner it was almost always much denser, and often only a few square inches of the mulding could be cleared in the course of a day, and we found it absolutely necessary to use spectacles to protect our eyes from the hard flint-like particles which flew off at a blow given to the chisel. Here and there the attempt to clean the stucco ornament had to be given up altogether, as the incrustation had formed a hard covering, whilst the stucco beneath had become disintegrated and soapy and had no surface left."191

In seinem Tagebuch, in dem sich weniger Notizen, als vielmehr bereits ausformulierte Beschreibungen der Gebäude finden, heißt es desweiteren:
"When the filtration could be easily removed the colour on the plaster coating beneath was in a few cases found quite fresh"192.

Manche der von den Kalkschichten gesäuberten Ornamente behandelte Maudslay zusätzlich vor dem Fotografieren mit einer abwaschbaren Temperafarbe, um eine gleichmäßige Färbung zu erhalten:

"In order to secure good photographs I found it necessary to bring the stucco ornamentation to an even tone by washing it over with a distemper of wood-ashes and flake white, which did no harm to the moulding and was all washed off again by the first shower of rain."193

Natürlich wurden auch in Palenque Abdrücke der Inschriften und anderer skulptierter bzw. stuckierter Oberflächen angefertigt. Diese Arbeit wurde teilweise durch heftige Regengüsse erschwert. Die Arbeit von drei Wochen (Abdrücke der Inschriften, fertige und trocknende) wurden beispielsweise während eines eine Nacht und einen Tag andauernden Sturmes buchstäblich fortgespült.

Die Stürme und Regenfälle dauerten in diesem Jahr länger an als üblich. Im März wurde es dann sehr heiß; in einer Woche maßen sie durchgängig Temperaturen von 94° Fahrenheit (ca. 34°C) innerhalb der Häuser. Normalerweise fand Maudslay das Klima in Palenque aber sehr angenehm:

"During our stay at the ruins we suffered from no fevers or other tropical maladies. The bright little stream afforded capital bathing-places, and the drinking-water, although heavily charged with lime, seemed to agree with us all. [...]
... usually the nights were pleasantly cool, and but for the myriads of mosquitos would have been most enjoyable. However, we could generally find some spot where there was a cool breeze and we could escape their attacks; and the beauty of the moonlight nights when we sat smoking and chatting on the western terrace looking on to the illuminated face of the Temple of Inscriptions and the dark forest behind it will never fade from my memory."194

Stuck-Maske aus Palenque 
(Museo Nacional de Antropologia e Historia, Mexico City) In Maudslays erwähntem Feld-Tagebuch, das, wie gesagt, eher ein Entwurfsbuch für seine zu veröffentlichenden Texte war, gibt es auch einige finanzielle Berechnungen. So ist dort zu lesen, daß sich die Kosten für Giuntini für Gehalt, Reisekosten und Spesen auf 172 Pesos beliefen (weshalb Giuntini hier mit aufgeführt wird, ist nicht ganz klar; erwähnt Maudslay doch nirgends, daß er auf dieser Expedition überhaupt dabei war, und sagt an anderer Stelle, daß er ihn nur nach Quiriguá und Copán begleitete!).
Gorgonio, Caralimpio und eine weitere Person, vermutlich Gorgonios Bruder José, erhielten zusammen 270 Pesos für Gehalt, Reisekosten und Spesen. An Price zahlte Maudslay insgesamt 132 Pesos. Die sonstigen Arbeitskräfte kosteten 400 Pesos und die Materialien 150 Pesos.

Am 12. Mai kehrten sie nach dreimonatiger Arbeit in den Ruinen zurück nach Santo Domingo. Maudslays letzte Expedition im Mittelamerika war beendet. In der nächsten Zeit widmete er sich verstärkt der Bearbeitung und Aufbereitung seiner Forschungsergebnisse für die Veröffentlichung in der Biologia Centrali-Americana.

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